Warum wir trotz Training nicht besser werden: Profi Coach James Lockrose packt aus

Lesezeit:  Minuten

Die meisten Ideen, die wir Ihnen hier auf BelowPar vorstellen, würden ohne die Hilfe zahlreicher ​Golflehrer gar nicht erst existieren. Aus diesem Grund freuen wir uns sehr, unsere Interview Kategorie mit diesem Artikel weiter ausbauen und Ihnen PGA Professional James Lockrose vorstellen zu dürfen.


Dass sich James die Zeit genommen hat, ist nicht selbstverständlich, denn James arbeitet nur mit einer Hand voll Amateuren zusammen. Alle anderen seiner Schüler sind als Profis auf verschiedenen Satelliten Touren unterwegs. Dementsprechend wertvoll sind James’ Erfahrungen als Coach.

Wenn wir alle unserer mittlerweile knapp 100 Artikel in einen einzigen Tipp oder Ratschlag zusammenfassen müssten, dann wäre „lerne von den Menschen, die schon dort sind, wo Du hinwillst“ ziemlich weit oben auf unserer Liste. Gerade deshalb haben wir uns sehr über das Interview — und die Möglichkeit von James und seinen Schülern zu lernen — gefreut.

James ist, wie die meisten Coaches, mit denen wir uns über die Jahre hinweg unterhalten haben, der Meinung, dass der absolute zeitliche Aufwand nicht so erfolgsentscheidend ist, wie die Effektivität des Trainings. „Einer meiner Schüler kommt aus Korea und hat in der Vergangenheit unheimlich viel trainiert. Ich war der Erste, der ihm erklärt hat, wie sinnlos sein Training eigentlich ist.“ Warum, das erklärt uns James im Interview.

Zudem lernen Sie:

  • Warum wir das Eisen 7 auf der Range in der Tasche lassen sollten (der Grund wird Sie überraschen)
  • warum nur 3 unserer 14 Schläger den Schlüssel zu einem besseren Score halten
  • was seine besten Spieler von einem Spieler, der sein Potential nicht ganz ausschöpft, unterscheidet
  • was zeitlich eingeschränkte Amateure tun können, um ihre Ziele deutlich schneller zu erreichen und
  • warum Driving Ranges nur dem Clubbesitzer und nicht den Spielern helfen

Wir sind auf unserer Golfer-Laufbahn unheimlich vielen Trainern begegnet, doch wir haben selten jemanden gefunden, der fast ausschließlich mit Profis zusammenarbeitet und sein Wissen gleichzeitig so offen mit anderen teilt. Aus diesem Grund schon einmal vorab ein dickes Dankeschön an James!

Golflehrer
Golflehrer

BelowPar (Freddy): James, herzlichen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast. Die Frage, die ich Dir in meiner ersten E-Mail gestellt habe, interessiert mich natürlich sehr. Du meintest, dass sich Deine besten Schüler vor allem durch ein konsequentes Vorgehen und eine konsequente Einstellung von den Spielern unterscheiden, die ihr Potential noch nicht zu 100% ausschöpfen. Könntest Du das etwas ausführen?

James: Gerne. Die meisten meiner Schüler sind als Profis auf sogenannten Satelliten Touren unterwegs und haben den Golfsport zum Beruf gemacht. Wie jeden anderen Beruf, sollte man auch diesen Job ernst nehmen und wie bei jedem anderen Beruf, sollte man auch hier sehr diszipliniert vorgehen. Die Jungs, die im Moment besser sind, als andere, haben das verstanden und gehen sehr systematisch vor, haben einen klaren Plan und arbeiten das ganze Jahr an ihrem Spiel.

Zudem schlägt keiner einen Ball bis er nicht komplett bereit dafür ist und noch nicht alle Informationen hat. Das bedeutet, dass alle sehr viel Wert auf die Schlagvorbereitung legen — auch im Training. Niemand von ihnen geht auf die Übungsanlage ohne ein klares Ziel für die Trainingseinheit zu haben und ohne zu wissen, was sie am Ende erreicht haben wollen.

Selbstverständlich gibt es immer den einen, der etwas ​eigenwillig ist, nicht viel trainiert und trotzdem irgendwie durch kommt, doch die absolute Mehrheit legt viel Wert auf Planung und Disziplin.  

BelowPar: Ich nehme an, dass ein Trainingsplan dabei eine große Rolle spielt?

James: Das stimmt, denn die meisten meiner Schüler sind noch nicht dort, wo sie schlussendlich hinmöchten. Die meisten möchten zukünftig auf einer der großen Touren spielen und müssen dazu ein paar Dinge anders machen, um eine Veränderung zum Positiven herbeizuführen. Je mehr wir kontrollieren können, desto eher stellen wir fest, ob sie durch ihr Training tatsächlich besser werden.

Wenn ein Trainingsansatz eher in die willkürliche Richtung geht, ist das schwierig. Wenn sich ein Spieler nicht gut fühlt, weil er oder sie nicht viel geschlafen oder sich nicht aufgewärmt hat oder mit dreckigen Schlägern zum Training kommt, ist es relativ schwer herauszufinden, ob er/sie die Fortschritte macht, die er/sie machen muss.

Golflehrer

BelowPar: Das beantwortet auch gleich meine nächste Frage. Ich folge einigen Fußball- und Basketball Coaches, die alle viel Wert auf die „Rahmenbedingungen“ legen. Viele sind der Meinung, dass ein Profi, der unter seinen Möglichkeiten spielt, oft abseits des Platzes Probleme hat, beziehungsweise mit suboptimalen Rahmenbedingungen kämpft. Es scheint mir, als würdest Du das im Golf ähnlich sehen.

James: Definitiv.

BelowPar: Gibt es etwas, dass Deine Schüler vor einer Trainingseinheit oder einer Runde machen sollten, um optimal darauf eingestellt zu sein — gerade aus mentaler Sicht?

James: Mir ist wichtig, dass alles in Bezug auf den Golfsport zweckvoll und mit Plan passiert. Manche Spieler wärmen sich gerne lange auf, andere essen gerne direkt vor dem Training etwas. Jeder Spieler sollte für sich selbst herausfinden, was für ihn oder sie funktioniert, um vor dem Training oder vor der Runde körperlich und mental in der bestmöglichen Verfassung zu sein.

Zur jetzigen Jahreszeit beginnen wir mit dem Wintertraining, welches wir um den Erfolg, den wir nächstes Jahr haben wollen, herum aufbauen. Wir schauen uns den Turnierkalender für die nächste Saison an und konzentrieren uns vor allem auf die großen Events und den Erfolg, den wir dort haben wollen.

Für manche gehört zu diesem Erfolg die Tourkarte für eine der großen Touren. Jeder aus dem Team wirft dann ein paar Ideen zusammen, aus denen wir klare Ziele für das nächste Jahr definieren. Von dort arbeiten wir uns zurück zum jetzigen Zeitpunkt. Ich nutze dazu gerne das Ampelverfahren:

Grün steht für die Events und Turniere, die uns am wichtigsten sind und die für uns die größten Erfolge ausmachen. Gelb steht für die Turniere, bei denen wir uns auf die grünen Events einstellen können und alle roten Events im Kalender behandeln wir etwas flexibler. Wir stecken viel Zeit in diese Art von langfristiger Planung, denn man kann nicht ständig seine besten Leistungen abrufen. Wir müssen zusehen, dass wir dann am besten sind, wenn es darauf ankommt und uns entsprechend vorbereiten.

Meinen Schülern im Amateurbereich erkläre ich immer wieder, wie wichtig das Wintertraining ist. Was sie zwischen Oktober und April tun, definiert die nächste Saison. Wenn sie diese Zeit nicht nutzen, sind sie nächsten November auf ihrem spielerischen Höhepunkt und das hilft niemandem.

Diese Höhepunkte zu identifizieren und sich dann zu fragen ​okay, wenn ich X zum Zeitpunkt Y erreichen will — wo muss ich dazu ein halbes Jahr zuvor stehen? Wo muss ich dazu 3 Monate, einen Monat und eine Woche zuvor stehen? ist extrem wertvoll, denn Fortschritt verläuft nicht immer linear. Wer weiß, was er oder sie tun muss, um auf lange Sicht ans Ziel zu kommen, navigiert Ebbe und Flut viel besser.

Aus dieser Art der langfristigen Planung ergibt sich auch das, was die Spieler unmittelbar vor der Runde, beziehungsweise der Trainingseinheit tun, um auf Deine Frage zurückzukommen. Was ich vor der Runde oder vor dem Training mache, sollte das Ergebnis, das ich nach der Runde oder dem Training erhalten möchte, widerspiegeln.

Ich weiß, das ist nicht die spezifischste Antwort, doch jeder Spieler ist unterschiedlich. Wie gesagt, mir geht es vor allem darum, dass meine Schüler wissen, was sie trainieren und warum sie trainieren, was sie trainieren. Daraus ergibt sich der Rest.

BelowPar: Das macht Sinn. Da Du das Wintertraining angesprochen hast: Wie unterscheidet sich das Training Deiner Spieler zum jetzigen Zeitpunkt vom Training im Sommer oder im Frühjahr? Legt Ihr jetzt mehr Wert auf Fitnesstraining?

James: Ja und nein. Im Wintertraining orientieren wir uns etwas mehr an der Technik. Das machen wir während der Saison nur selten. Wenn wir in der Saison etwas in Bezug auf die Technik verändern, dann sind es Kleinigkeiten und nur dann, wenn es sein muss. Wenn ein großes Event bevorsteht, müssen wir mit den Karten spielen, die uns ausgeteilt wurden, weshalb ich während der Saison viel Wert auf den spielerischen Aspekt lege.

Im Winter lege ich zudem viel Wert auf Kraftzuwachs und den physischen Aspekt. Je näher wir dem Sommer kommen, desto eher bewegen wir uns davon weg und arbeiten am Mindset und der Strategie.

BelowPar: Das war auch der Eindruck, den ich bekam, als ich mich auf dieses Interview vorbereitet habe. In einem der Videos auf Glens Destination Tour Pro YouTube Kanal sprichst Du davon, wie wichtig es ist, ein gutes Gefühl zu entwickeln und bei der eigenen Routine zu bleiben. Sich in einen Schlag hinein zu fühlen und einer festen Routine zu folgen — das ist natürlich auch etwas, das Amateuren hilft. 

James: Das stimmt und Glen ist ein gutes Beispiel hierfür, denn Glen wurde erst vor kurzem Profi, hat allerdings hohe Ambitionen und möchte deutlich besser spielen, als im Moment. Wenn wir nicht mit unglaublichen Fähigkeiten ausgestattet sind — sprich, wenn wir den Ball nicht extrem weit schlagen und gleichzeitig ein geniales kurzes Spiel haben — müssen wir so hart arbeiten, wie alle anderen auch. Und das wird mit zunehmendem Alter nicht leichter.

Letztendlich sollten auch Amateure wissen, was sie verbessern möchten und den Grund dafür kennen. Gerade dann, wenn sie berufstätig sind. Eine zeitliche Einschränkung bedeutet nicht, dass man nicht besser werden kann. Doch eine zeitliche Einschränkung bedeutet, dass man sein Training im Griff haben und die limitierte Zeit so effektiv als möglich nutzen sollte. Ich habe heute erst mit einem Spieler darüber geredet.

Golflehrer

Für mich sind 3 Schläger besonders wichtig. Wer nicht mit diesen 3 Schlägern trainiert, verschwendet mehr oder weniger seine Zeit. Ich sehe viel zu viele Spieler, die ihre Zeit mit Eisenschlägen verschleudern. Ein Spieler kann mit den Eisen noch so gut sein — wenn derselbe Spieler nicht gut puttet, den Ball nicht ins Spiel bringt und Ausrutscher mit dem Wedge nicht kompensieren kann, wird er dauerhaft nicht gut scoren.

Den Ball mit dem Eisen 3m an die Fahne zu schlagen, ist die eine Sache. Es ist allerdings etwas völlig anderes, den darauffolgenden Putt regelmäßig zu lochen. Wie bereits erwähnt: Ich sehe viel zu viele Spieler, die auf der Range stehen und an ihren mittleren Eisen arbeiten. Aus praktischer Sicht ist das wenig hilfreich, denn die mittleren Eisen beeinflussen ihren Score nicht wirklich. Selbst wenn sie ihre Schläge damit stark verbessern, steht nach 18 Loch oft noch immer die gleiche Zahl auf der Karte.

BelowPar: Sprich die 3 Schläger sind der Driver, der Putter und ein Wedge?

James: Ich verrate hier ja alle meine Geheimnisse (lacht). Genau. Die 3 Schläger, die meine Schüler in jeder Trainingseinheit nutzen müssen, sind der Putter, dann der Driver und dann das Lobwedge. Wenn danach noch Zeit ist, habe ich nichts gegen etwas Vielfalt. Wenn der ein oder andere die Range gelegentlich mit einem Eisen betreten will, dann ist das okay, doch wie bereits angesprochen:



Es ist egal, wie gut wir mit den Eisen sind, wenn wir die Putts nicht lochen, den Ball nicht ins Spiel bringen und das Par nicht retten können. Sind diese 3 Dinge nicht gegeben, interessieren mich auch die Eisen nicht, denn die sind dann lediglich Zeitverschwendung.

BelowPar: Im selben Video sprichst Du von Spinkontrolle und davon, wie wichtig es ist, Flughöhe und Schlaglänge kontrollieren zu können. Wie macht man das am besten? Hast Du ein System dazu oder geht es dabei wirklich „nur“ darum, vor jedem Schlag einen klaren Plan zu haben und diesen Plan dann mit dem kommenden Schlag so gut es geht umzusetzen?

James: Das ist eine gute Frage! Ich bin ein großer Freund von einer Trainingsmethode, die sich „matching“ nennt. Dabei arbeitet man mit einem Zielkreis. Es geht nicht nur darum, dass der Ball im Zielkreis zur Ruhe kommt, sondern, dass die Spieler zudem wissen, wie der Ball dort hinkommt. Welchen Abflugwinkel soll der Ball haben? Soll der Ball sofort liegen bleiben, wenn er aufkommt oder ausrollen? Wie weit soll er ausrollen? Und ganz wichtig: Wie fühlt sich das an?

Am Ball geht es schließlich darum, dieses Gefühl und diese Vorstellung tatsächlich umzusetzen. Dabei hilft eine genaue Kenntnis der eigenen Schlaglängen natürlich unheimlich.

Ich bin immer wieder davon überrascht, wie viele gute Spieler keine Ahnung haben, wie weit ihre Wedges fliegen. Wer seine Schlaglängen nicht kennt, rät und das ist keine erfolgsfördernde Strategie.

Je mehr wir kontrollieren können und je mehr ​Parameter wir im Griff haben, desto besser. Wer seine Schlaglängen nicht kennt, gibt die Kontrolle ab und ist damit auf lange Sicht nicht wettbewerbsfähig. Wenn wir allerdings nur von den Wedges sprechen, dann ist es wichtig zu verstehen, dass unser Schwungtempo einen extremen Effekt auf die Länge und den Spin eines Balles hat.

Viele Spieler verbinden verschiedene Schlaglängen mit der Schwunggröße und das ist okay. Allerdings sollte man hierbei beachten, dass die Schwunggröße im Training oft nichts mit der Schwunggröße unter Turnierbedingungen zu tun hat. Turniergolf ist einfach nochmal etwas anderes.

Ich kann einen Ball mit einem halben Rückschwung 5m weit schlagen, ich kann den Ball mit einem halben Rückschwung allerdings auch 65m weit schlagen. Aus diesem Grund kann ich jedem nur raten, den Fokus verstärkt auf das Schwungtempo zu legen und im Training daran zu arbeiten. So entwickelt man Gefühl.

Doch ich möchte ehrlich sein: Das ist nicht einfach. Golf an sich ist ein ziemlich schwieriges Spiel und das sollten wir akzeptieren. Zu viele Trainer und Mentaltrainer versuchen, den Golfsport vereinfacht darzustellen. Ich sage nicht, dass es keine einfachen Bestandteile gibt, doch wir müssen im Endeffekt schon etwas mehr tun, als nur „uns selbst nicht im Weg stehen“. Zeit ist ein nicht zu unterschätzender Faktor.

BelowPar: Keine Frage! Deine Schüler und Schülerinnen stecken aus offensichtlichen Gründen viel Zeit in ihr Training. Wer nicht trainiert, wird nicht besser, doch wer zu viel trainiert, tut sich eventuell auch keinen Gefallen. Hattest Du schon einmal so einen Fall, in dem ein Spieler zu viel trainierte und seinem Körper kaum Zeit zur Erholung gegeben hat?

James: Oh ja! Dieses Jahr habe ich mit einem Spieler aus Korea zusammengearbeitet, der früher sogar die Weltrangliste der Amateure anführte. 10 Stunden Training am Tag waren für ihn normal. Das hat er weiß Gott wie viele Jahre so durchgezogen — dabei ist er erst 16. Ich war der Erste, der ihm erklärt hat, wie sinnlos sein Training eigentlich ist.

Golflehrer

Nicht das Trainingsvolumen ist entscheidend, sondern die Qualität des Trainings. Umso besser, wenn wir es schaffen, beides zu kombinieren. Zu viel Zeit auf der Übungsanlage ohne Plan, ohne Zweck, ohne Ziel, Fokus und Überprüfung, ist allerdings eine riesige Zeitverschwendung. Leider ist genau das die Realität vieler Golfer und selbst eine große Anzahl Profis trainiert hoch ineffektiv. Die meisten werden dadurch auch nicht besser.

Ich möchte, dass meine Spieler so wenig Überraschungen innerhalb einer Turnierrunde erleben, als möglich. Der einzige Weg dorthin führt über ein Training, das ihre Spielweise reflektiert. Nur so wissen wir, was auf uns zukommt und wo wir anpacken müssen. Dazu gehört übrigens auch das Management der eigenen Erwartungen.

Wenn ein Spieler 50 Mal in Folge eine 75 spielt, dann geht er beim 51. Mal wahrscheinlich nicht raus und spielt eine 68. Er spielt wahrscheinlich auch beim 51. Mal eine 75. Dieses Erwartungsmanagement ist allerdings nicht nur in Bezug auf den Score wichtig.

Ich möchte, dass meine Schüler ihre Schlagabweichungen kennen. Das hilft uns bei der Zielsetzung enorm und lässt uns gezielt an den Knackpunkten arbeiten.

BelowPar: Würdest Du sagen, dass die durchschnittliche Abweichung der einzelnen Schläge eine der wichtigsten Statistiken für Euch ist?

James: Absolut. Ich glaube jedoch, dass die Mehrheit der Statistiken komplett uninteressant und die meisten Apps dazu nicht hilfreich sind. Die Gesamtanzahl der Putts sagt beispielsweise nichts über die Leistung beim Putten aus. Du willst weniger als 30 Putts machen? Okay, dann verfehle am besten jedes Grün. Putts pro getroffenem Grün sind da schon interessanter. Man muss aufpassen, wie man die Statistiken auswertet und was man damit anstellt.

BelowPar: Wie oft begleitest Du Deine Schüler auf ein Turnier?

James: Recht häufig. Ich habe nicht allzu viele Schüler, weshalb ich mehr Zeit mit denen verbringen kann, die ich habe und ich achte sehr darauf, regelmäßig bei Turnieren dabei zu sein.

Bei den großen Turnieren trage ich auch das Bag, gerade bei der Q-School. Ich kann nicht sagen, dass ich das genieße (lacht), aber es hilft den Spielern. Gerade, wenn sie etwas nervös sind und verschiedene Entscheidungen aus der Emotion heraus treffen würden, kann ich ihnen den ein oder anderen Schlag einsparen.

BelowPar: Und Du baust die nächste Trainingseinheit dann um das, was Du im Turnier gesehen hast, auf?

James: Genau. Die meisten Turniere gehen über 3 Runden. Inklusive der Proberunden sind wir fast eine Woche unterwegs. Mein Ziel ist es immer, dass die Spieler wettbewerbsfähig sind, wenn sie an der 1 aufteen und eine Chance haben, oben mitzuspielen. Hier kommt dann auch wieder die langfristige Planung ins Spiel, die ich vorhin angesprochen habe, aber auch die Analysen, welche die Spieler selbst führen.

Analysen und Bestandsaufnahmen sind sehr wichtig. Die ​Spieler, die sich regelmäßig darum kümmern, spielen tendenziell besser, als die Spieler, die dieses Thema vernachlässigen.

BelowPar: Hast Du eine Lieblingsmethode für diese Analysen? Du hast vorhin angesprochen, dass Du kein Fan vieler Apps bist…

James: Ich bin kein Fan vieler Apps, das stimmt, weshalb ich auch keine Lieblingsmethode im klassischen Sinn habe. Der Großteil der Kommunikation zwischen meinen Spielern und mir findet außerhalb des Training statt. Bestandsaufnahmen und Analysen sind ein großer Teil dieser Kommunikation. Spieler schicken mir ihre Schwünge, wenn sie eine technikbezogene Frage haben und ich antworte mit Feedback.

Ich glaube, ich bin als Coach deshalb recht erfolgreich, weil mir Kontrolle so wichtig ist. Ich stehe ständig in Kontakt mit meinen Spielern, um sicherzugehen, dass sie auf dem richtigen Weg sind und den Fortschritt sehen, den sie sich wünschen.

BelowPar: Deine Spieler nutzen die V1 App, um Videos zu machen, richtig? Zumindest habe ich das auf Facebook gesehen. 

James: Ja, wir haben einen Schwung voll Equipment, doch ich versuche, nicht zu viel davon zu verwenden. Nicht jeder Pro, der sich einen Trackman anschafft, wird über Nacht zum Performance Coach und nicht jeder Spieler, der mit all den Zahlen und Videos konfrontiert wird, profitiert auch tatsächlich davon.

Golflehrer

V1 ist eine App, die meine Schüler verwenden, wenn Sie sich in Bezug auf Ihre Technik unsicher fühlen und meine Meinung dazu möchten. Die Videofunktion jedes Smartphones funktioniert allerdings genauso gut.​

BelowPar: Wie stehst Du zum Trackman?

James: Ein paar meiner Schüler haben ihren eigenen Trackman, allerdings nutzen wir diesen nicht allzu häufig. Ich habe immer wieder erlebt, dass ein Spieler einen Schlag im Training anhand der Trackman Daten bewertet und nicht anhand seines/ihres Gefühls oder des Ballflugs. Das ist kontraproduktiv, denn im Turnier haben wir keinen Bildschirm mit allen möglichen Daten dabei.

Wenn ich eine bestimmte Vorahnung in Bezug auf die Bewegung eines Schülers habe, sichere ich mich gerne ab und hole mir die Bestätigung vom Trackman. Zudem ist der Trackman ein geniales Hilfsmittel für ein Schlägerfitting und hilft den Spielern dabei, technische Grundlagen zu verstehen und das ist sehr wichtig.

Jeder Trainer sollte seinen Schülern die grundlegenden Gesetze des Ballflugs beibringen. Analyse und Bestandsaufnahme profitieren enorm, wenn ein Spieler die Grundlagen versteht und letztendlich ist es dieses Verständnis, das uns hilft, wenn es zählt. Die wenigsten Spieler haben im Turnier einen Trainer an der Seite und niemand kann im Turnier auf einen Trackman zurückgreifen.

Das Ziel sollte daher immer sein, dem Spieler oder der Spielerin die Werkzeuge an die Hand zu geben, die er oder sie auch ohne externe Hilfe nutzen kann.

BelowPar: Das ​macht Sinn. Ich muss zugeben: Ich gucke ab und zu auch direkt Richtung Bildschirm, ohne den Ballflug zu beachten, doch damit hast Du völlig recht. Wir sprechen hier auch immer davon, dass niemand einen schönen oder „richtigen“ Schwung möchte, sondern einen Schwung, der funktioniert und dem er/sie vertrauen kann. 

James: Dem stimme ich 100% zu. Bevor ich die Zusammenarbeit mit einem Spieler beginne, spreche ich jedes Mal davon, dass „schau mal, wie schön das aussieht“ kein Satz ist, den ich nach einem Jahr von mir geben möchte. „Wenn wir Deinen Score nicht verbessert haben, dann habe ich meinen Job nicht gemacht.“ Letzten Endes geht es ums gewinnen, nicht um den Schwung.

BelowPar: Hast Du eine Lieblingsübung, um Turnierdruck zu simulieren?

James: Turnierdruck zu simulieren ist natürlich nicht einfach. Turniere spielt man auf dem Golfplatz, weshalb ich jede Spielform auf dem Platz nur gut heißen kann. Ein kleines Turnier, ein Matchplay Event oder eine Runde mit Freunden — das alles ist sehr effektiv. Allerdings muss es dabei um etwas gehen, weshalb ich auch niemanden von der ein oder anderen Wette abhalten will.

Eine wettbewerbsfähige Umgebung ist allgemein sehr wichtig. Meine Schüler trainieren zusammen und spielen dabei oft gegeneinander. Ab und zu baue ich einen kleinen Hindernis Parcours auf:

Du schlägst einen Drive auf der Range, sprintest zum Chipping Grün, spielst dort einen Chip, rennst dann weiter zum Putting Grün und schließlich zurück zur Range. Das kurbelt die Herzfrequenz, wie im Turnier, an.

Zudem ist ein Ball, letzter Ball ein Konzept, das mir sehr zusagt und das ich oft anspreche. ​Meine Spieler nehmen beispielsweise nur einen Ball mit auf das Puttinggrün. Jeder Ball und jeder Schlag zählt. Alles, was wir im Training tun, sollte logisch aufgebaut sein, weshalb jede Trainingseinheit im Idealfall mit einem Test startet.

Nachdem wir den getesteten Aspekt trainiert haben, sollte ein weiterer Test folgen, um zu überprüfen, ob wir Fortschritte gemacht haben.

Um auf Deine Frage zurückzukommen: Eine Lieblingsübung habe ich in diesem Sinne nicht. Ich habe allerdings einen Trainingsethos. Die Übungsanlage sollte eine Umgebung mit Konsequenzen sein. Darum geht es letztendlich. Alles, was wir tun, sollten wir zweckvoll, mit Plan und mit einer klaren Absicht tun.

Wenn wir auf diese Art und Weise trainieren, dann fühlt sich auch eine Turnierumgebung nicht fremd an. Statt „oh Gott, jetzt zählt es. Was mache ich denn jetzt?“ ist der Wettbewerb einfach ein Teil von uns. Dadurch erhöhen wir die Chance, als Führender in Runde 3 oder 4 zu starten, wo es dann wirklich um die Wurst geht und wo sich zeigt, wer den Bedingungen gewachsen ist. Je öfter wir in dieser Situation sind, desto besser werden wir.

BelowPar: Ich glaube, dass genau das vielen Amateuren Probleme bereitet. Die wenigsten trainieren unter turnierähnlichen Bedingungen und werden im Turnier dadurch von Nervosität und „Drucksituationen“ überrascht. 

James: 100%! Das ist allgemein ein interessantes Thema, denn ich spreche immer wieder mit Spielern, denen es genauso geht. Wenn ich sie auf ihre Vorbereitung anspreche, erfahre ich jedoch oft, dass sie kein Frühstück gegessen, sich nicht wirklich aufgewärmt und auch kaum geschlafen haben. Auch als Amateur muss man für sich herausfinden, was am besten funktioniert:

Wie viel Zeit zum Aufwärmen brauche ich? Wie sieht mein Aufwärmprogramm aus?

Ich meine nicht unbedingt, dass meine Art des langfristigen Planens das Nonplusultra ist. Ich meine allerdings, dass sich jeder die Zeit nehmen muss, um die so wichtigen letzten Stunden vor einer Turnierrunde zu durchdenken.

Manch einer rollt vielleicht erst 15 Minuten vor Abschlagszeit auf den Parkplatz, holt sein Bag aus dem Kofferraum, läuft zum ersten Abschlag und haut unaufgewärmt einfach drauf. Wenn das funktioniert und nicht das Resultat schlechter Planung ist…warum nicht? Klarheit ist wirklich wichtig. Nicht nur in Bezug auf die Vorbereitung:

Golflehrer

​Viele Amateure setzen sich unnötig unter Druck, in dem sie Schläge versuchen, die einfach außerhalb ihrer Liga sind. Man bricht sich keinen Zacken aus der Krone, wenn man am ersten Loch ein Eisen 7 abschlägt, wenn man sich damit wohl fühlt und das Handicap nicht mehr als Bogeygolf erfordert. Das ist allemal besser, als an einem engen Loch den Driver aus der Tasche zu ziehen, trotz ungutem Gefühl voll drauf zu hauen und den Ball dann in die Bäume zu zimmern.

BelowPar: Was würdest Du einem Spieler oder einer Spielerin mit HCP 20 raten? Wie sollte man sein Training in dieser HCP-Kategorie strukturieren, wenn man 2-3 Mal die Woche nur rund 2 Stunden Zeit fürs Training hat?

James: Das ist aber viel! Meine Profis trainieren ja fast nicht mehr als das (lacht).

BelowPar: Oh…wirklich?

James: 2 Stunden, 2-3 Mal die Woche. Das ist viel für jemanden mit HCP 20.

BelowPar: Ich habe an meine Trainingszeiten im College gedacht. Da erschien mir das im Vergleich recht wenig.

James: Viel ist es nicht, das stimmt. Trotzdem ist es besser, wie das, was viele Amateure tun. Ihr Deutschen arbeitet zu hart (lacht)!

BelowPar: Okay… angenommen jemand hat nur 2 Stunden pro Woche Zeit. Was würdest Du diesem Spieler oder dieser Spielerin raten? Sollte man in diesem Fall ​mit den 3 Schlägern, die Du vorhin genannt hast, arbeiten?

James: Das ist immer noch ein akzeptabler Zeitrahmen. Letztendlich geht es darum, wie man diese Zeit nutzt. Verschleudern wir diese Zeit mit dem Eisen 7 oder arbeiten wir an den Dingen, die uns tatsächlich weiterbringen? Ich kann nur noch einmal betonen, dass selbst eine starke Verbesserung mit dem Eisen 7 im Prinzip keinen Unterschied in Bezug auf den Score macht.

Klar, mein „magisches Dreieck“ aus Driver, Wedge und Putter kann ich nur empfehlen, allerdings muss ich dazu sagen, dass eine gute Leistung mit den Wegdes etwas auf sich warten lassen kann. Hier macht es Sinn, das Handicap, die eigenen Ziele und Wünsche zu betrachten:

Ein Spieler mit Handicap 18 muss nicht jeden Ball tot an die Fahne pitchen. Ein Spieler, der sein Geld als Tour Pro verdienen will, muss das 9 von 10 Mal tun — wenn nicht 10 von 10 Mal. Einlochen sollten wir allerdings alle, nicht nur diejenigen, die auf die Tour wollen. Eine Übung, die ich jedem meiner Spieler dazu ans Herz lege, geht wie folgt:

Wir bauen uns — 1m von uns entfernt — ein kleines Tor auf, durch das wir durchputten müssen. Dieses Tor kann aus Tees, 2 Wasserflaschen oder etwas anderem bestehen. Der Ball soll nicht nur durch das Tor rollen, sondern auch 30cm dahinter zur Ruhe kommen. Wer das kann, kann den Ball auf der gewünschten Linie starten lassen. Das ist das A und O. Zudem kombiniert die Übung den Richtungsaspekt mit der so wichtigen Distanzkontrolle.

Zusätzlich zu dieser Übung kann ich allen Amateuren nur empfehlen, den Schwung auf einer Runde außen vor zu lassen. Ich beobachte immer wieder Spieler, die ihren Schwung während der Runde ändern möchten, wenn etwas nicht so klappt, wie sie das möchten. Meistens greift diese Änderung nicht auf Anhieb und selbst, wenn sie an Loch 16 greift, ist es meistens schon zu spät.

Ich glaube an eine Pre-Game Vorbereitung, bei der es nicht nur um das Aufwärmen geht, sondern auch um eine Art Analyse. Wie bin ich heute drauf? Tendiere ich zu einer bestimmten Kurve?

Manchmal fahren wir auf die Range, erwarten einen schönen, weichen Draw, schlagen jedoch — aus welchem Grund auch immer — einen Fade nach dem anderen und treffen jeden Ball an der Hacke. Ich erwarte von meinen Spielern, dass sie an diesem Tag den Fade spielen, wenn sie die Umstellung zum Draw nicht innerhalb weniger Minuten hinbekommen.

Ich kann jedem Amateur nur raten, dasselbe zu tun. Wir müssen mit dem Partner tanzen, den wir mitbringen. Zudem gibt es keine Trophäe für schöne Schläge. Eine Trophäe gibt es, wenn wir den Ball so effektiv als möglich über den Platz bewegen. Das dürfen wir nicht vergessen!

Golflehrer

​Ich bin der Meinung, dass viele Spieler einen ziemlich konstanten Schwung haben. Dieser Schwung mag vielleicht nicht auf allen Ebenen liegen, doch darum geht es nicht. Die meisten Amateure, die ich beobachte, bewegen Schläger und Körper auf eine sehr wiederholbare Art und Weise. Das ist die halbe Miete.

Wer trotzdem einen „perfekten“ Schwung anstrebt, statt sich darauf zu konzentrieren, wie er den Ball mit so wenig Schlägen als möglich ins Loch bringt, tut sich selbst keinen Gefallen. Die meisten Spieler sind keine Profis, spielen kein Plus-Handicap und auch kein Single-Handicap. Dieser „perfekte“ Schlag, den viele anstreben, ist daher gar nicht notwendig, um gut zu scoren.

BelowPar: Gibt es etwas, dass ich Dich nicht gefragt habe? Hast Du eine abschließende Message? Etwas, das unsere Leser auf jeden Fall mitnehmen sollten?

James: Ich glaube, dass wir unsere individuelle Persönlichkeit in unsere Spielweise einbringen sollten. Wenn Du eher in Dich gekehrt bist, sehr überlegt und durchdacht handelst, dann sollte Dein Golfspiel diese Eigenschaften widerspiegeln. In diesem Fall wäre es falsch, aggressiv und extrem risikoreich Golf zu spielen. Wenn Du im Alltag risikofreudig unterwegs bist, dann solltest Du auch so Golf spielen.

Ich glaube zudem, dass wir Golf so spielen sollten, wie Kinder das tun. Kein Kind wartet auf einen schlechten Schlag. Kein Kind schlägt einen Ball und denkt sich „oh Gott sei Dank, kein schlechter Schlag…was eine Erleichterung“. Kinder spielen mit Spaß, Freude und Neugier.

Wer das verinnerlicht, mit einem guten Trainer zusammenarbeitet, der sich auf das Wesentliche konzentriert und die Dinge trainiert, die ihn oder sie tatsächlich besser machen, ist langfristig auf einem sehr, sehr guten Weg. Wie gesagt: Wer im Training hauptsächlich den Driver, den Putter und das Wedge auspackt, kann nicht viel falsch machen.

Driving Ranges sind Gelddruckmaschinen. Spieler werfen eine Münze nach der anderen in den Ballautomaten. Die wenigsten werden davon tatsächlich besser. Trainiere zweckvoll, trainiere in einer Umgebung mit Konsequenzen und trainiere das, was Dich wirklich besser macht. Das ist meine abschließende Message.

BelowPar: Super! Herzlichen Dank! Wo können wir mehr über Dich erfahren?

James: Meine Website ist ​lockroseperformancegolf.com​. Zudem ​sind Instagram oder Facebook gute Orte, um mir zu folgen.

BelowPar: James, vielen, herzlichen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast und weiterhin alles Gute für Dich und Deine Spieler!


Wenn Sie James Ratschläge vertiefen, zukünftig zweckvoller trainieren und damit tatsächlich besser werden wollen, dann ​laden Sie jetzt unsere 7 Tage Kurzspiel Challenge herunter.

​Die Kurzspiel Challenge ist ein 7-tägiger Trainingsplan im Wert von 47€, der Sie immer und immer wieder mit abwechslungsreichen und hoch effektiven Übungen für das Putting-, Chipping-, und Pitchinggrün versorgt. 

Tragen Sie sich jetzt mit Ihrer E-Mailadresse in das untenstehende Feld ein und wir schicken Ihnen die Challenge über den Zeitraum von einer Woche ​vollkommen kostenlos zu.


Diese Artikel & Videos könnten Dir auch gefallen

Erfolgreich Chippen- so geht’s:
Lessons Learned: Arnold, Dustin, Ian & Rickie über ihre Schlagvorbereitung

Beliebte Artikel aus der BelowPar Academy

3 Tipps für bessere Annäherungen

Beliebte Artikel aus dem Blog

5 Tipps für bessere Drives
{"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}
>