Interview mit Sport Mental Coach Martin Schütt

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Wir betonen immer wieder, wie wichtig die mentale Seite des Spiels ist. Vielen Amateuren ist das bewusst, doch wo fängt man an und wie misst man den eigenen Fortschritt? Ein Slice kann mit dem Trainer durch Übung korrigiert werden, doch wie sieht das bei Nervosität und Selbstzweifeln aus? Wir haben mit Martin Schütt, Golf Mental Coach und Betreiber der Seite mentaltraining-golf.de gesprochen und ihn genau danach gefragt.

BelowPar: Herr Schütt, Sie sind Sportmentalcoach mit dem Schwerpunkt Golf Mentaltraining. Wie sind Sie zum Golf gekommen und was fasziniert Sie am Golfsport?

Martin Schütt: Zum Golf bin ich durch meine Lebensgefährtin gekommen, die bereits mit ihrer Schwester Golf spielte und mich auf einen Schnupperkurs im Golf hinwies. Natürlich geschah das mit dem Hintergedanken, dass wir mehr gemeinsame Zeit in unserer knappen Freizeit verbringen würden 😉 Was mich am Golf so fasziniert, sind die vielen Facetten dieses Spiels. Ich könnte den Finger nicht auf einen Punkt legen, der mich besonders anspricht, außer die mentale Seite natürlich. Vielleicht ist es die Möglichkeit, sich spielend auseinanderzusetzen. Dieses Spiel hat Wettkampf- und Spaßcharakter zugleich und das in der freien Natur, in schönen Park ähnlichen Anlagen und gelegentlich (in Hamburg) bei bestem Wetter.

BelowPar: Golf ist eine der wenigen Sportarten, bei der wir Spieler deutlich mehr Zeit zum Denken, als zum Spielen haben. Was wir dabei denken, hat einen enormen Einfluss auf die Zahl, die am Ende auf der Karte steht und gerade deshalb ist Sportpsychologie vor allem bei Golfern und zunehmend auch bei Amateuren ein beliebtes Thema. Mit dem Golfen an sich anzufangen, ist relativ leicht. Man schnappt sich einen Schläger, legt los und nimmt eventuell eine Trainerstunde. Doch wie fängt man mit dem Mentaltraining an? Oberflächliche Ratschläge zum Thema, wie etwa „du musst nur positiv denken“, gibt es ja genug. 

Martin Schütt: Mir haben am Anfang tatsächlich Bücher geholfen, um mich anfänglich mit dem Thema Mentaltraining auseinanderzusetzen. Bob Rotella mit dem „15. Schläger“ (Link zum Buch) und Oliver Heuler’s „Jenseits des Scores“ (Link zum Buch) waren dabei meine ersten Werke. Diese beiden Bücher geben einen sehr guten Einstieg und erleichtern das Beschäftigen mit der mentalen Perspektive, die leider von Freizeit- und Wochenendgolfern oft sehr vernachlässigt wird.

Es gibt so viele Golfer, die ich frustriert und schimpfend von einer Golfrunde kommen sehe und die ich am liebsten sofort an die Hand nehmen würde, um zu zeigen, dass man die verbrachte Freizeit auf dem Golfplatz soviel angenehmer gestalten kann, als wutschnaubend den Platz zu verlassen. Es hilft, sich dem Thema des Mentaltrainings erst einmal lesend anzunähern und sich dann einen Golf Mental Coach zu suchen, mit dem man seine Ziele für die Saison erarbeitet. Nur mit positivem Denken ist es nicht getan, jedoch ist es guter erster Schritt.

BelowPar: Als Anfänger stellt man irgendwann fest, dass die Ergebnisse langsam aber sicher besser werden. Auch das Handicap purzelt. Wie stellt man jedoch fest, dass man mental besser wird? Denn dafür gibt es kein Handicap und auch keinen Score im klassischen Sinne. Sollte man sich dabei ausschließlich auf sein Bauchgefühl verlassen?

Martin Schütt: Sie stellen es dann fest, wenn Sie merken, dass Sie auf herausfordernde oder katastrophale Spielereignisse auf dem Platz viel gelassener reagieren, als zuvor. Ungünstige Balllagen sind bei verbesserter mentaler Stärke kein Schreckensszenario mehr und Wasserhindernisse, die überspielt werden müssen, lassen Ihre Knie nicht mehr weich werden. Der Druck im Inneren, die Nervosität lässt ganz einfach nach. Die ganze Körperspannung ist nicht verkrampft, wenn die Gedanken im Kopf keine Purzelbäume mehr schlagen, sondern ein langsamer ruhiger Fluss geworden sind.

BelowPar: Wir haben immer wieder festgestellt, dass die Frusttoleranz von Amateuren, die den Golfsport ernst nehmen und regelmäßig Turniergolf spielen, deutlich niedriger ist, als die von Profis. Ist das etwas, das Sie im Rahmen Ihrer Arbeit auch festgestellt haben? Was unterscheidet Ihrer Meinung nach einen guten von einem sehr guten Spieler – vor allem im mentalen Bereich?

Martin Schütt: Diese Feststellung kann ich eindeutig bejahen. Das Mentalcoaching oder mentale Training ist unter Amateuren auch weniger weit verbreitet, als bei den Profis und steckt noch in den Kinderschuhen. Viele Freizeit- und Wochenendgolfer scheuen sich davor, ein mentales Training zu buchen und vergleichen das fälschlicherweise mit dem „hinlegen auf die Psychocouch“, was nun wirklich gar nicht der Fall ist.

Wenn es Ihnen gelingt, Ihre Emotionen und Gedanken positiv zu kontrollieren und auf dem Platz Ihr ganzes Potential abzurufen, wenn es am dringendsten gebraucht wird, sind sie Ihren Konkurrenten ein ganzes Stück voraus. Das ist der Unterschied zwischen einem guten und einem sehr guten Spieler.

Erfolg beginnt im Kopf. Das haben Profis bereits früh erkannt und nutzen die Vorteile von mentalem Training für ihr Spiel. Hier ist von uns Sportmentalcoaches noch viel Aufklärungsarbeit für Amateure zu leisten, damit auch diese zu den Golferinnen und Golfern werden, der in ihrem Unterbewusstsein schlummert.

BelowPar: Jeder Golfer kennt sehr wahrscheinlich dieses eine Loch, diesen einen Abschlag oder diesen einen Annäherungsschlag, bei dem wir uns auf einmal unsicher fühlen. Manche sprechen vom „Angstloch“, andere einfach nur von plötzlichen Selbstzweifeln in Drucksituationen. Wie geht man damit am besten um?

Martin Schütt: Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, um sich seiner Angst zu stellen. Sie können einen Vertrauensschläger deklarieren, von dem Sie wissen, dass sie mit diesem Schläger, wann auch immer es in der Vergangenheit schwierig wurde, die besten Ergebnisse erzielten. Sie können sich leise oder auch in normaler Stimmlage mit motivierenden Sätzen pushen, um die negativen Gedanken zu stoppen oder sich auf eine Pre-Shot Routine verlassen.

Da jeder Golfspieler einen individuellen Charakter hat, lässt sich natürlich auch nur eine individuelle Lösung für den jeweiligen Spieler finden. Was bei dem einen klappt, muss noch lange nicht bei dem anderen funktionieren. Hier kommt es tatsächlich darauf an, für jeden Einzelnen eine Lösung zu erarbeiten.

Wichtig ist eine positive Handlung oder ein positiver Anker im Kopf, der die negativen Gedanken stoppt und somit die Angstspirale nach unten aufhält, beziehungsweise gar nicht erst hochkommen lässt.

BelowPar: In einem Ihrer Blogartikel auf Ihrer Website sprechen Sie das Thema Niederlagen an und zitieren folgenden Satz, den wir so direkt unterschreiben: „Scheitern ist der Mentor des Erfolges.“ Scheitern gehört zum Sport einfach dazu. In der Praxis ist uns dieses Prinzip oft bewusst. Wie schafft man es, dieses Denkmuster auch in der Praxis konsequent umzusetzen? 

Martin Schütt: Es ist wichtig sich einzugestehen, dass man scheitern kann und dies auch darf. Die Angst vor dem Scheitern ist in unserer Gesellschaft so negativ verankert, dass sich manch einer gar nicht mehr traut etwas zu beginnen, weil er befürchtet ausgelacht und verspottet zu werden. Der Gedanke an die negativen Folgen des Scheiterns lähmt uns in der eigenen Entwicklung. Fehler zeigen uns in der Entwicklung auf wo wir stehen, was wir durchdenken und verbessern sollten, denn nur so können wir erfolgreich neue Wege beschreiten. Scheitern ist eine Lernchance und als solche sollten wir sie auch begreifen, im Leben wie im Golf.

Natürlich ist es für den ein oder anderen schwer dies in die Praxis umzusetzen, doch was passiert, wenn Sie nicht wieder aufstehen? Sie bleiben am Boden liegen und entwickeln sich nicht weiter.

Ein Tipp für die Praxis nachdem Sie gescheitert sind: Analysieren Sie warum dies geschehen ist und überlegen Sie sich dann, was der kleinstmögliche Schritt Richtung Erfolg sein könnte.

BelowPar: Haben Sie eine Lieblingsmethode, um sich selbst oder Ihre Schüler mental auf ein Turnier vorzubereiten?

Martin Schütt: Eine Methode, die ich unter anderem persönlich praktiziere, ist das gedankliche Durchspielen des Platzes am Abend vor einem Turnier. Ich begebe mich dann an einen ruhigen Ort in meiner Wohnung und spiele den Platz in Gedanken bereits ein- oder zweimal durch. Das Visualisieren ist eine hervorragende Technik, um sich auf einen Wettkampf vorzubereiten. Die Kraft der inneren Bilder ist eine unschätzbare Hilfe auf dem Weg zum Erfolg.

BelowPar: Eine Frage, die uns brennend interessiert rankt sich um das Thema Meditation. Meditation macht uns erwiesenermaßen glücklicher, stressfreier und entspannter (Quelle). Glauben Sie, dass Meditation und Atemübungen mittlerweile das sind, was Fitnesstraining vor 30 Jahren war? Soll heißen: In den nächsten 30 Jahren macht es jeder und wenn nicht, ist jedem trotzdem bewusst, dass es ihm gut tut?

Martin Schütt: Meditation und Atemübungen sind ein Teil des Mentaltrainings und können für den ein oder anderen ein guter Ansatz sein, um sich optimal vorzubereiten oder sich auf dem Platz wieder einzufangen, wenn die Runde nicht optimal verläuft. Das wird sicherlich nicht für jeden passen, doch für viele kann das ein guter Ansatz sein. Wer weiß schon, was in 30 Jahren sein wird und welche neuen Entwicklungen es bis dahin gibt. Bis dahin sollte das jeder selbst herausfinden und ausprobieren.

Herr Schütt, herzlichen Dank für das Interview. Wo können wir mehr über Sie erfahren? 

Sie können entweder meine Webseite besuchen oder mich persönlich kontaktieren, sei es via E-Mail oder meinem Facebook Account. Am ehesten treffen Sie mich aber auf den Golfplätzen in Norddeutschland an. Ich versuche in einem Jahr immer viele verschiedene Plätze zu spielen und bin daher meist dort zu finden, wo in Norddeutschland die Sonne scheint.

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