Wenn Sie unseren Newsletter abonniert oder einen unserer kostenlosen Trainingspläne heruntergeladen haben, dann kennen Sie den Satz, mit dem wir uns in unseren E-Mails vorstellen: Wir helfen leidenschaftlichen Golfern ihr Potential voll auszuschöpfen.
Manchmal nimmt diese Hilfe die Form eines Beitrags an, in dem wir unsere eigenen Erfahrungen teilen und manchmal laden wir dazu Coaches, Trainer oder Physiotherapeuten ein. Dieser Beitrag fällt in Kategorie 2.
„Vom Erfolg anderer zu lernen, ist eine der besten und am meisten unterschätzten Möglichkeiten, um selbst erfolgreich zu werden.“
— Chase Jarvis
Unser Gast in diesem Interview ist Ryan Kennedy. Ryan ist Golftrainer — ein verdammt guter Golftrainer. Nicht nur, weil er von Golf Digest 4 Jahre in Folge zu einem der besten Trainer des US-Bundesstaats Kalifornien gewählt wurde, sondern weil er selbst lebt, was er unterrichtet:
Ryan gehört zu den wenigen Spielern, die auf der PGA Tour und bei einem Major aufteen durften.
- Wie es sich anfühlt mit der Weltspitze zu spielen,
- was er dabei gelernt hat und
- wie wir davon profitieren können,
verrät er uns im Interview. Ryan verrät uns außerdem, wie er unterrichtet, welche Trainingshilfe er am liebsten nutzt und was er von einem Fitting hält.
Wenn Ihnen gefällt, was Sie lesen und Sie zukünftig mehr davon möchten, dann machen Sie Ryan und uns doch das höchstmögliche Kompliment und teilen Sie das Interview mit jemandem, den Sie gern haben.
Ladies and Gentlemen, viel Spaß mit Ryan Kennedy.
BelowPar (Freddy): Ryan, herzlichen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst. Ich hatte mich ja anfänglich bei Dir gemeldet, weil mich Deine Antwort auf die Frage „was unterscheidet Deine besten Schüler von den Spielern und Spielerinnen, die regelmäßig unterhalb ihres Potentials bleiben?“ interessierte.
Diese Frage war Teil eines umfassenderen Interviews mit 15 verschiedenen Coaches aus aller Welt (Link zum Interview). Dabei fiel mir auf, dass keiner der Coaches die Technik als ausschlaggebenden Faktor nannte. Alle Antworten drehten sich um die Effektivität des Trainings und den Einsatz, den ein(e) Schüler(in) bringt.
Wenn ich an meine Kaderzeit vor rund 10 Jahren denke, dann fällt mir immer wieder auf, wie techniklastig die Trainingseinheiten damals waren. Heute hat man den Eindruck, immer mehr Coaches richten ihren Fokus auf die Vorbereitung, die mentale Einstellung und einen zielorientierten Fokus im Training. Wie schätzt Du das ein? Ist das ein Trend?
Ryan Kennedy: Ich denke, wir sind mittlerweile in einer Zeit angekommen, in der wir den Sport nicht mehr isoliert betrachten und uns ernsthaft fragen, wie der Mensch lernt und welche Rolle unser Hirn dabei spielt. Ich habe in den letzten 5 oder 10 Jahren so einiges in Bezug auf diese Dinge gelernt. Ohne dieses Wissen hätte ich mit meinem Coaching-Stil wahrscheinlich auch nicht so experimentiert und hätte mich nicht weiterentwickelt. Wir Trainer profitieren zweifelsohne von den vielen Fortschritten der Wissenschaft.
BelowPar: Was ist eines der Dinge, die Du in den letzten 5 Jahren gelernt hast und heute als entscheidend ansiehst?
Ryan: Ein Konzept, das 95% meiner Trainerstunden beeinflusst, ist das Konzept des Challenge Points (Punkt der Herausforderung). Dabei geht es darum, dass ich einem Schüler oder einer Schülerin eine Aufgabe stelle, die für ihn oder sie gerade so erreichbar ist. Wenn das der Fall ist, ist die Person engagiert, ehrgeizig und motiviert. Ist die Herausforderung zu leicht, langweilt sie sich. Ist die Herausforderung zu schwierig, wird die Person unruhig und weiß nicht so richtig, wie sie das alles umsetzen soll.
Wenn ich in der Trainerstunde eine neue Idee oder ein neues Konzept vorstelle, beginnen wir relativ langsam. Dabei nehmen wir den Ballkontakt und die Richtung des Balles aus dem Spiel. Ich sage dem Schüler explizit, dass es bei etwas Neuem in erster Linie um die Frage „kann ich Körper und Schläger anders bewegen?“ geht. Eine neue Bewegung zu lernen ist schwierig, sehr schwierig. Wenn der Schüler mit der neuen Bewegung dann auch noch ein bestimmtes Ziel anspielen soll, ist er meist überfordert.
Sobald der Schüler oder die Schülerin ein Gefühl für die neue Bewegung bekommt, beginnen wir die Herausforderung Stück für Stück zu erhöhen. Bei jeder neuen Herausforderung überprüfe ich, ob er oder sie die neue Bewegung beibehalten kann. Wenn ja, ist das super. Wenn nicht, dann stufen wir die Herausforderung wieder etwas herab. Das kann verschiedene Formen annehmen: Der Schüler führt die Bewegung etwas langsamer aus als normal, wir nehmen das Ziel wieder aus dem Spiel oder wir wechseln den Schläger. Ein Wechsel vom Driver zu einem Hybrid macht oft einen großen Unterschied aus und erleichtert vieles.
BelowPar: Was würdest Du im Amateurbereich gerne häufiger sehen?
Ryan: Auf dem Platz oder auf der Übungsanlage?
BelowPar: Auf dem Platz.
Ryan: Ich glaube, wir alle sollten auf dem Platz mehr üben und an verschiedenen Stellen ein paar Bälle fallen lassen. So viele Amateure arbeiten auf der Übungsanlage an einem Aspekt ihres Spiels, gehen dann direkt auf den Platz und spielen so, wie sie das immer tun. Dabei geben sie sich allerdings nicht die Chance herauszufinden, ob das, was sie auf der Übungsanlage trainiert haben, für sie auf dem Platz funktioniert.
Ich kann jedem deshalb nur raten, spät abends mit ein paar extra Bällen auf die Runde zu gehen und verschiedene Schläge aus verschiedenen Positionen zu üben. Ich kenne viele Amateure, die das noch nicht einmal gemacht haben. Dabei ist das so wichtig, denn auf dem Platz zählt es. Wenn ich an meinem eigenen Spiel arbeite, dann ist das meine bevorzugte Trainingsmethode. Ich spiele im Prinzip einen Ein-Mann-Scramble mit mir selbst.
BelowPar: Das macht Sinn. Das machen wir auch gerne. Ich muss Dich natürlich auf die PGA Championship 2015 in Whistling Straits ansprechen. Was hast Du bei so einem großen Turnier gelernt? Wie fühlt es sich an, ein Major zu spielen?
Ryan: Jedes Mal, wenn ich ein neues Level erreicht habe, hat es etwas gedauert, bis ich mich auf diesem neuen Level wohlgefühlt habe. Selbst bei den nationalen PGA Meisterschaften habe ich 3 Jahre gebraucht bis ich den Cut geschafft habe. Die PGA Championship war zwar mein erstes Major, allerdings nicht mein erstes PGA Tour Event. Ich hatte mich zuvor schon für die Bob Hope Classic qualifiziert und dachte, dass ich für die PGA Championship deshalb ziemlich gut vorbereitet wäre. Damit lag ich jedoch weit daneben (lacht).
In Whistling Straits waren am Montag um 9 Uhr morgens mehr Zuschauer an jedem Loch, als in der gesamten Turnierwoche der Bob Hope. Das war atemberaubend und ich wusste nicht wirklich, wie ich mich dabei auf das Golfspielen konzentrieren sollte. Ich war das alles nicht gewohnt, weshalb es sich etwas komisch anfühlte.
BelowPar: Wie hast Du Dich darauf vorbereitet? Hast Du Deine Aufgaben als Trainer für die Zeit der Vorbereitung an den Nagel gehängt und Dich ausschließlich auf die PGA Championship konzentriert? Wie lief die Zeit davor ab?
Ryan: Leider nicht. Als sich herumsprach, dass ich mich für ein solches Event qualifiziert hatte, kamen immer mehr Leute auf mich zu und wollten Trainerstunden. Ich musste mir meine Zeit deshalb gut einteilen, um so oft als möglich selbst spielen zu können. Ich war spielerisch trotzdem ziemlich gut vorbereitet — die Herausforderung war die Atmosphäre. Ich glaube, wenn 10.000 Leute am ersten Abschlag stehen und zuschauen, ist es völlig normal, dass die Nervosität erst einmal durch die Decke geht.
BelowPar: Wie viel Zeit hattest Du für Dein Training? Warst Du jeden Tag auf dem Platz?
Ryan: Ich war nicht jeden Tag auf dem Platz. Ich habe mir 4 Stunden pro Woche komplett freigehalten, in denen ich mich auf mich und nicht auf meine Schüler und Schülerinnen konzentrieren konnte. An meinem freien Tag war ich natürlich auch auf der Anlage und habe trainiert.
BelowPar: Echte, authentische Turnierbedingungen im Training zu simulieren ist natürlich schwierig. Hast Du trotzdem eine Übung, die in die Richtung geht?
Ryan: Ich habe mehrere gute Übungen. Alle davon stützen sich auf das Konzept des Challenge Points, das ich vorhin erwähnt habe. Meine Aufgabe als Trainer ist es, die Übung zu finden, die zur Spielstärke eines Schülers passt. Einen Anfänger kann ich schon mit einer einfachen Übung unter Druck setzen. Je besser ein Spieler oder eine Spielerin wird, desto größer muss die Herausforderung sein.
Die Übung, die ich im Training am häufigsten einsetze, nennt sich 3 Up, 3 Down. Dabei müssen wir 3 gute Schläge in Folge machen, erst dann erhöhen wir die Herausforderung. Das kann etwas simples sein, wie beispielsweise die Schwunggröße von einem halben zu einem Dreiviertel Schwung zu erhöhen, es kann sich aber auch auf die Schlägerwahl beziehen. Beispielsweise erhöhen wir dabei von einem Eisen 8 auf ein Eisen 7. Wenn wir 3 schlechte Schläge in Folge machen, verringern wir die Herausforderung.
Diese Übung gebe ich meinen Schülern am häufigsten, um eine Brücke zwischen Blocktraining (Techniktraining/Technikumstellung) und zielorientiertem Training herzustellen.
Wenn wir an der Technik feilen, nehme ich das Ziel aus dem Spiel, denn mir ist es in dieser Phase wichtig, dass der Spieler sich voll und ganz auf die Bewegung konzentriert. Sitzt die Bewegung langsam aber sicher, führe ich den Spieler wieder an verschiedene Ziele heran. 3 Up, 3 Down gibt mir dazu eine ideale Möglichkeit und zeigt mir, wo der Spieler steht.
Eine der Übungen, die sehr viel Spaß macht, nennt sich 21 Scrambling. Dabei kombinieren wir verschiedene Annäherungen mit verschiedenen Putts, indem wir 9 Bälle rund um das Grün herum verteilen.
An manchen Tagen macht es Sinn, die Bälle komplett zufällig zu verteilen, an anderen Tagen verteilen wir die Bälle so, dass wir einen bestimmten Annäherungsschlag priorisieren. Mit jedem Ball spielen wir am besten ein unterschiedliches Ziel an.
Ziel der Übung ist es, nicht mehr als 21 Schläge für alle 9 „Stationen“ zu benötigen. 21 ist gleichzeitig der Scrambling Durchschnitt auf der PGA Tour, daher der Name.
Diese Übung gibt uns gleichzeitig einen messbaren Wert, durch den wir immer wissen, wo wir stehen. Vielleicht haben wir 3 Bälle übrig und müssen mit allen 3 das Up & Down schaffen, um nicht mehr als 21 Schläge zu benötigen. Damit steht etwas auf dem Spiel, wir sind im Training so engagiert, wie auf dem Platz und das ist wichtig. Ich glaube 21 ist die Übung, die eine echte, authentische Situation auf dem Platz am ehesten simuliert.
BelowPar: Wenn Du 3 Up, 3 Down spielst oder die Übung jemandem in der Trainerstunde gibst: Wonach bewertest Du den Schlag? Die Definition eines „guten Schlags“ ist von Person zu Person ja immer unterschiedlich.
Ryan: Das stimmt. Deshalb mache ich die Definition von einem „guten Schlag“ immer von der Spielstärke und dem Fortschritt des Schülers oder der Schülerin abhängig. Wenn er oder sie eine neue Bewegung gerade erst gelernt hat, geht es bei der Übung lediglich darum, 3 gute Ballkontakte in Folge zu machen oder den Ball halbwegs geradeaus fliegen zu lassen. Mit jedem Mal fügen wir dann weitere Einschränkungen und Herausforderungen hinzu. So haben wir bei jedem Schlag eine klare Aufgabe. Wir „zwingen“ uns, besser zu werden.
BelowPar: Auf Deiner Website nennst Du ein paar fortgeschrittene Messgeräte und Hilfsmittel, wie K-Vest, BodiTrak und Flightscope. Ich persönlich habe mit K-Vest und mit Flightscope sehr gute Erfahrungen gemacht. Beide haben mir sehr geholfen, meinen eigenen Schwung besser zu verstehen, denn beide zielen auf das Gefühl eines Spielers ab. Das erleichtert die Umsetzung stark. Für welches dieser Hilfsmittel würdest Du Dich entscheiden, wenn Du nur eines davon verwendet könntest?
Ryan: Aus Sicht des Trainers oder aus Sicht des Schülers?
BelowPar: Aus Sicht des Trainers.
Ryan: Aus Sicht des Trainers würde ich BodiTrak wählen. Die K-Vest sagt mir, was der Körper macht — die Boditrak Matte hilft mir gleichzeitig zu verstehen, warum der Körper macht, was er macht.
BelowPar: Und aus Sicht des Spielers? Flightscope?
Ryan: Aus Sicht des Spielers müsste ich mich für die K-Vest entscheiden, denn durch das Biofeedback, das ich dadurch erhalte, habe ich alles, was ich brauche, um eine Bewegung zu lernen.
BelowPar: Würdest Du diese Hilfsmittel allen Spielern und Spielerinnen empfehlen? Oder machen technische Hilfsmittel nur im fortgeschrittenen Bereich Sinn?
Ryan: Ich denke, dass Spieler und Spielerinnen aller Spielstärken davon profitieren. Das Wichtigste ist jedoch, dass man einen Trainer an der Seite hat, der einen unterstützt und durch die Anwendung führt.
BelowPar: Hast Du eine Lieblingsapp?
Ryan: Ich bin ein Freund von golfstatlab.com. Cameron McCormick, Jordan Spieths Coach, hat das Programm ins Leben gerufen. Damit lassen sich alle möglichen Statistiken analysieren und vergleichen. Ich habe ein paar verschiedene Apps und Programme ausprobiert. Keines davon war jedoch so hilfreich, wie golfstatlab, denn es geht nicht nur um die Zahlen, sondern auch darum, was man damit macht.
BelowPar: Diese Frage hängt mit meiner letzten Frage zusammen. Ich höre immer wieder unterschiedliche Meinungen in Bezug auf das Thema Fitting. Zum einen gibt es die, die sagen, ein Fitting ist im Anfängerbereich unnötig, weil Schwunggeschwindigkeit & Co. noch zu sehr variieren. Und dann gibt es die, die ein Fitting als absolutes Muss ansehen — egal in welchem Bereich. Wie ordnest Du das Thema ein?
Ryan: Ein Fitting ist in meinen Augen ein absolutes Muss. Wenn Du das Spiel noch lernst, sprich erst damit angefangen hast, und Du hast Schläger in der Tasche, die nicht zu Dir passen, dann machst Du es Dir deutlich schwieriger als nötig. Ich beobachte das in verschiedenen Trainingscamps immer wieder bei Kindern. Viele bekommen Papas alte Schläger mit einem abgesägten Schaft und können sich damit kaum richtig bewegen. Der Schläger ist einfach immer noch viel zu schwer. Ein Fitting ist deshalb enorm wertvoll. Trotz aller Messgeräte, die uns dazu zur Verfügung stehen, halte ich den Platz immer noch für die beste Testumgebung.
BelowPar: Hast Du eine Lieblings-Trainingshilfe?
Ryan: Gummibänder nutze ich sehr häufig, weil sie so vielseitig einsetzbar sind. Doch wenn ich mich auf eine Lieblings-Trainingshilfe festlegen müsste, dann wäre das Sheftic Pressure Board mein Favorit, denn es sagt mir exakt, wie ich mein Gewicht während der Bewegung verlagern muss.
BelowPar: Das hört sich interessant an, das muss ich mir demnächst mal anschauen. Okay…eine Frage habe ich noch: Gibt es irgendetwas, das ich Dich nicht gefragt habe? Hast Du eine abschließende Message?
Ryan: Ich glaube, Du hast sehr gute Fragen gestellt. Eine Sache möchte ich für Deine Leser allerdings noch einmal unterstreichen und das ist: Bitte, bitte trainiert mehr auf dem Platz!
BelowPar: Cool! Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Das ist nicht selbstverständlich! Wo können wir mehr über Dich erfahren?
Ryan: Gerne und vielen Dank für das, was ihr für den Sport tut. Meine Website und mein Instagram Kanal sind gute Orte, um sich mit mir in Verbindung zu setzen oder um mir zu folgen.
Trainieren Sie effektiv genug um Ihre Ziele zu erreichen?